Was ist jetzt wichtig?

Ein Plädoyer für die Neugier

Coaching

Ich hatte am letzten Wochenende das große Vergnügen, an einer Paartherapie Supervision mit Esther Perel live online in New York teilnehmen zu dürfen.

Ihre „Sessions“ Veranstaltung ist jedes Jahr eine Bereicherung und ich hatte versprochen, Euch davon etwas mitzubringen.

Die Überschrift war „Conflict and restlessness in modern love“, „Konflikt und Unruhe in moderner Liebe“.

Ein schöner Satz von Esther war “Let’ be less furious and more curious!

Ich finde das wunderbar. Wie kann es uns gelingen, neugieriger zu sein und weniger wütend?

Was auch ich in meiner alltäglichen Arbeit mit Paaren beobachtet habe, ist Folgendes: es gibt so viel Mauern, Unverständnis, Einsamkeit, Starre, Überlebensmodus, emotionale Abhängigkeit, scheinbar unlösbare Konflikte, people pleasing (Anpassung, um geliebt zu werden) und Trauma.

Wer von Euch könnte zu mindestens einer dieser Aussagen sagen: „Ja, ich bin auch betroffen“?.

Konflikt ist in Beziehungen inhärent: In dem Moment, in dem wir mit einem Menschen in Beziehung gehen (egal in welche), wird es unvermeidbar sein, irgendwann in einen Konflikt zu geraten. Ein Konflikt ist eine (scheinbare oder tatsächliche) Unvereinbarkeit von Wertvorstellungen, Interessen oder Sachverhalten, es ist eine unterschiedliche Perspektive, es ist das Ringen um die eigene Position, um die eigene Stimme, darum Gehör zu bekommen, gesehen und letztendlich geliebt zu werden. Also ist Konflikt normal und gesund. Wut hilft uns in der Kraft zu sein. Ein produktiver Kampf oder Konflikt hilft uns, aus ungesunden und toxischen Mustern auszusteigen.

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Aber wie wäre denn ein Konflikt, wenn wir, anstatt in Rage zu geraten, neugierig wären, neugierig auf die Position des anderen, auf dessen Argumente, Sichtweisen und Bedürfnisse?

Was passiert in der modernen Liebe?

Erstens: die Virtualisierung unserer Leben gibt uns das Gefühl, wir müssten alles immer sofort lösen und das führt zu Frust und Wut. Die Virtualisierung der Welt und des Lebens nimmt uns die Möglichkeit zu atmen, zu fühlen. Früher hat man einen Brief auch mal liegen gelassen, oder wenn man nicht zu Hause war, konnte man eben nicht ans Telefon gehen und einen Anruf beantworten. Die Dinge hatten mehr Zeit. Das Leben hatte einen langsameren Rhythmus.

Heute ist alles atemlos und schnell, das führt zu enormen Ausschüttungen von Cortisol, Adrenalin oder dann wiederum Dopamin als Belohnung und all das tut uns nicht gut.

Zweitens: die pandemische Isolation hat eine sehr, sehr große kollektive Narbe hinterlassen. Die moderne Einsamkeit maskiert als Verbundenheit durch Social Media in Zeiten, in denen wir keine echten Beziehungen leben konnten.

Keine echte Verbindung zu haben, macht krank.

Beziehungen sind oberflächlicher und schnelllebiger geworden, wir kommunizieren mit Freunden und Partnern ständig über irgendwelche Geräte, anstatt mit Stimme, Blickkontakt und Körpersprache.

Drittens: die sozialen Medien als Handspiegel des Egos, wie es Pablo Hagemeyer treffend formuliert hat, geben uns eine Illusion von Verbindung und befeuern zugleich unsere narzisstischen Tendenzen.

Möglicherweise auch als Folge von Pandemie und Kriegen haben sich folgende Phänomene verstärkt: Polarisierung, Kampf- und Flucht-Tendenzen, Vermeidung von Konflikten, Angst vor Verbindlichkeit und vor (Ver)bindung, und nicht zuletzt die Befürchtung, Konflikt könnte gefährlich sein.

Um aus dieser Perspektive von Täter/Opfer, richtig/falsch, Verfolgter/Verfolger rauszukommen, brauchen wir manchmal Unterstützung (z.B. eines Paartherapeuten) und zwar, um Abstand von unseren Emotionen zu gewinnen und um die Fähigkeit wieder zu erlangen, eine andere Perspektive einzunehmen und neugierig zu werden.

Wie erobern Kinder die Welt? Durch Neugier und Offenheit! Schaut doch mal auf ein Kind: mit welcher Hingabe, Begeisterung, Offenheit und Neugier es eine Raupe, einen Schmetterling, eine Ameise, ein Blatt beobachten kann. Stundenlang.

Wenn wir neugierig sind, sind wir offen. Dann sind wir nicht in einer Kampf- oder Flucht-Energie, sondern im hier und jetzt, Dingen und Menschen zugewandt, angstfrei. Wir werden weich, geschmeidig, wir schmelzen, wir werden spielerisch und leicht.

Neugier ist übrigens auch die notwendige Voraussetzung für Erotik.

Wichtige Fragen, die ich derzeit meinen Klienten oft stelle, sind:

  • Wo fühlen Sie sich zerrissen oder ambivalent?
  • An welcher Stelle verstehen Sie Ihren Partner und seine Sichtweise?
  • Wo fühlen Sie sich am meisten missverstanden?
  • Wo missverstehen Sie am meisten Ihren Partner?
  • Mit welcher Verletzlichkeit kämpft Ihr Partner?
  • Mit welche Verletzlichkeit kämpfen Sie?
  • Wo können Sie Ihren Partner in seiner Verletzlichkeit unterstützen?
  • Wo unterstützt Ihr Partner Sie in Ihrer Verletzlichkeit?

Konflikt ist nichts anderes als der Tanz aufeinanderprallender Verletzlichkeiten.

Und selten geht es im Konflikt um das Thema. Es geht meistens um die Art, wie wir kämpfen. Wir kämpfen für Macht, Kontrolle, Verbundenheit, Zuwendung und Respekt. Wir kämpfen um Liebe.

Wenn ich mich neugierig dem anderen zuwende, wenn ich wirklich wissen will, wie es meinem Partner geht, wo seine Bedürfnisse sind, wo seine Verletzungen liegen und was er oder sie sich wünscht, dann wird mein Partner sich automatisch auch mir neugierig zuwenden und dann haben wir die Möglichkeit, aus dem Tanz der aufeinanderprallenden Verletzlichkeiten, einen Tanz der neugierigen Zuwendung zu machen, einen Tanz, in dem Annäherung wieder möglich ist, Nähe, Wärme, Erotik.

Esther Perel hat den Workshop mit dem Satz abgeschlossen: Es geht darum, das Narrativ, also unsere jeweilige Geschichte, weich zu machen, die Rauheit, die Kanten abzuschleifen, uns weich zu machen und uns zum Schmelzen zu bringen.

Der erste Schritt dafür ist Neugier.

Wie war dein Tag?

Narzissmus ist in aller Munde - Hast Du narzisstische Anteile?

Mache den Test! Am Ende erwartet Dich Deine Auswertung. Hast du männliche Anteile, weibliche oder vielleicht Beide? Und was bedeutet das überhaupt?

Dies erfährst Du im Test:

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Vor allem viele Frauen staunen darüber, dass ihr sehr anpassungsfähiges Verhalten, ihre Selbstaufgabe, ihre übermäßige Empathie eine Form von Narzissmus ist.