Ich bin gerade in einem Rausch!
Vor einigen Wochen hatte ich nach einem Gespräch mit meiner Tochter die Idee, mal zu versuchen, meinen Instagram-Account ein bisschen zu „pushen“ und habe die „Narzissmus Challenge“ ins Leben gerufen: 30 Tage vom 1. bis zum 30. Juni jeden Tag ein circa eineinhalb-minütiges Video zum Thema Narzissmus mit einem roten Faden: Was ist Narzissmus, die verschiedenen Formen, toxische Beziehungen und so weiter. Die langjährigen und treuen Leser und Klienten unter Euch kennen das Thema ja schon rauf und runter.
Gesagt, getan, habe ich einen so genannten „Content Plan“ erstellt und angefangen, fleißig Videos aufzunehmen. Meine Instagram-versierte Tochter hat mir grandios bei der Umsetzung geholfen.
Und dann hat die Droge Instagram voll zugeschlagen.
Wie ein neugieriger kleiner Welpe habe ich jeden Tag mit glänzenden Augen die wachsenden Followerzahlen verfolgt, die sich in wirklich beachtliche Höhen hochgeschraubt haben. Was besonders beeindruckend ist, ist zu sehen, dass 100 Tausende (!) Menschen sich die Videos angucken und dass Tausende von Menschen mir folgen, täglich mehr.
Was passiert gerade mit meinem Gehirn?
Genau das, was bei Süchtigen passiert! Dopaminkicks, die einen unglaublich gut fühlen lassen und die bei nachlassender Wirkung sofort ein „Craving“ verursachen, also das intensive Bedürfnis nach mehr von diesem Stoff. Ansonsten beginnt der Körper Cortisol und Stresshormone auszuschütten, was sich gar nicht gut anfühlt.
Das Gleiche passiert bei Narzissten: Sie brauchen permanent die so genannte „narzisstische Zufuhr“, also die Anerkennung, die Wertschätzung, die Bewunderung, das Lob, das Futter, um sich einigermaßen gut zu fühlen. Sobald der Rausch nachlässt, brauchen sie davon mehr und mehr, lassen in ihrem Umfeld ordentlich Dampf ab durch Abwertung, Manipulation und Gaslighting, weil sie dringend Nachschub brauchen und sich sonst fühlen wie ein Süchtiger auf Entzug.
Wo verläuft also die gesunde Grenze zwischen Euphorie und „Wahnsinn“?
Ich würde hier gerne die Grundemotion Stolz heranziehen.
Ich bin im Moment sehr stolz auf das, was ich durch meine Leistung und meine harte Arbeit erreiche. Nämlich Menschen, die mir zuhören, denen ich, mit dem was ich sage und mit dem was ich tue, helfen kann.
Ich bin stolz darauf, mir in späteren Lebensjahren noch eine komplett neue berufliche Existenz aufgebaut zu haben und festzustellen, dass sich Anstrengung und Fleiß sowie die Passion für das, was ich tue, bezahlt machen.
Das ist gesunder Stolz und hat nichts mit Narzissmus zu tun.
Allerdings, und auch das wissen die meisten von Euch, habe auch ich eine gute Portion narzisstischer Anteile und dieses Gefühl, gebauchpinselt zu werden, Bewunderung und Anerkennung zu bekommen, füttert natürlich diese Seite meiner Persönlichkeit.
Was ist das Antidot dagegen?
Schön auf dem Teppich bleiben! Sich bewusst sein, dass es nur Social Media ist, dass in dem Moment, in dem ich aufhöre, jeden Tag etwas zu liefern, die Anerkennung und die Gefolgschaft sofort enden und dass das Ganze auch nicht so wichtig ist, mit einer kleinen Portion Humor, einer gesunden Demut und einem echten Interesse an anderen (all das fehlt den „bösen“ Narzissten). Denn wie mein geschätzter Kollege Dr. Pablo Hagemeyer so schön sagt, ist Instagram der Taschenspiegel des Narzissten.
Ich mache jetzt trotzdem mal mit Instagram ein bisschen weiter, weil es auch sehr viel Spaß macht!
Schaut doch gerne mal vorbei: @dr.brittapapay