Zurzeit faste ich. Buchinger fasten ohne feste Nahrung mit Tee, Brühe und etwas Gemüsesaft. Für insgesamt zehn Tage, in denen an fünf komplett auf feste Nahrung verzichtet wird.
Ich tue dies, um hoffentlich meine Rheumaschmerzen etwas zu verbessern und vor allem, um mich selbst mal wieder zu prüfen. Ich habe schon öfter gefastet und es ist jedes Mal erneut eine Herausforderung: schaffe ich das? Wie fühlt sich das an? Was kann ich tun, um mich zu motivieren und durchzuhalten? Wie werde ich mich danach fühlen? Wie schwer oder wie leicht fällt mir Verzicht?
Und über Verzicht mache ich mir gerade viele Gedanken.
Unsere Gesellschaft ist von einem massiven Überfluss geprägt, von einer ständigen Überflutung, Überreizung und Überforderung.
Mehr, mehr, immer mehr. Aber wovon? Und wozu?
Wir werden an jeder Ecke und andauernd verführt, gelockt, überzeugt, dass wir dieses, jenes oder welches noch brauchen oder machen müssen oder nicht verpassen dürfen. Das macht uns reizbar, aggressiv, erschöpft. Und schürt ein Gefühl ständiger Unzulänglichkeit: es ist nie genug.
Mir ist das schon lange zu viel.
Ich bin übersättigt, überreizt, überfordert.
Ich will nicht mehr dieses Tempo mithalten.
Ich will nach meinen eigenen Bedürfnissen leben. Aber welche sind das denn genau?
Das Fasten schärft ungemein die Sinne: den Geruchssinn, den Geschmackssinn und das Gefühl für die tatsächlich elementaren Bedürfnisse.
Wer schon mal gefastet hat weiß, wie unglaublich köstlich der fastenbrechen Apfel schmeckt, der genüsslich und langsam gekaut und runtergeschluckt wird, dessen Geschmack eine unglaubliche Intensität hat, eine Süße, eine Saftigkeit, es erscheint einem wie Götterspeise.
Und auf diesen Apfel freue ich mich wie verrückt!
Der Verzicht, das Aushalten, das Durchhalten machen unglaublich stolz und unser Gehirn schüttet Dopamin aus, den Belohnungsbotenstoff.
Nach dem Fasten ernährt man sich bewusster, achtsamer, gesünder und unser wunderbares neuroplastisches Gehirn ist um eine Erfahrung reicher: ich kann es, ich schaffe es, es ist gut für mich.
Wie erlebt Ihr Verzicht? Welche Erfahrungen habt ihr damit gemacht? Stellt ihr euch gelegentlich der Herausforderung des Verzichts?
Da gibt es ja eine Menge: Alkohol, Zucker, übermäßiges Essen, Sex, Rauchen, Handy, Social Media, Shopping, Sucht nach Bestätigung und Anerkennung im Außen und, und, und…
Verzicht erscheint uns ja im ersten Moment immer als etwas fast Strafendes, es hat was von Müssen.
Aber wenn wir uns bewusst und freiwillig für Verzicht entscheiden, hat dies einen ganz anderen Charakter, dann ist es stärkend, selbstbejahend, mutig und sehr befriedigend. Und macht uns stolz und stark.
Ich freue mich auf eure Rückmeldungen zu euren Verzicht-Erfahrungen. Und auf meinen Apfel übermorgen…